Ich bin ein großer Fan von Hexengeschichten. Sobald jemand Hexen und Magier im Worldbuilding miteinschließt, bin ich happy. Vielleicht sind Hexen nicht ganz auf der Stufe von Engeln und Dämonen, aber in dieser Reihe haben wir neben Hexen auch Dämonen und damit bin ich voll und ganz zufrieden. Auf Bookstagram habe ich schon einiges über die Reihe gehört, gesehen und immer wieder gelesen. Deswegen wurde es mal an der Zeit ein bisschen reinzuschnuppern. So habe ich Anfang Juni das Hörbuch begonnen und nach circa zwei Stunden lag das erst einmal eine Ewigkeit rum, bis ich Ende Juli durch die Vielzahl an Beiträgen auf Instagram daran erinnert wurde.
Klappentext
»Manche Dinge vermisst man für immer.«
Vor vier Jahren wurde Vianne von einer Sylphe gebissen. Im folgenden Dämonenfieber verlor sie all ihre Hexenkräfte. Um zu überleben, musste sie ihre Heimat und ihre große Liebe Ezra Tocqueville verlassen. Nun kehrt sie geheilt nach Frankreich zurück, das mittlerweile hinter einer riesigen Mauer liegt, die die Welt vor den Dämonen schützt. Vianne ist fest entschlossen, sich ihre Magie und Ezra zurückzuholen.
Vorher muss sie jedoch den jetzigen Großmeister der Magier überzeugen, einen Pakt mit den Dämonen zu schließen. Aber Ezra hat seine eigenen Pläne und in diesen kommt Vianne nicht mehr vor …
Ein magisches Abenteuer voller Gefahren und Romantik in einer Welt, in der Legenden Wirklichkeit geworden sind.
Bewertung
Bevor ich näher auf die Geschichte eingehe, muss ich loswerden, dass es wirklich an meinen Nerven gezerrt hat – und diesmal nicht auf die gute Weise. Besonders der erste Band konnte mich von Beginn an nicht begeistern und das wurde mit zunehmenden Hörstunden auch nicht besser. Allerdings haben mich die nächsten zwei Bände dann aber doch überrascht, was hauptsächlich an einem Charakter lag. Ich bin etwas enttäuscht, weil ich gehofft hatte, dass es erneut eine Reihe von Marah Woolf sein würde, die mich voll und ganz mitreißen kann. Herzzerreißender Weise war dem nicht so. Aber kommen wir erst einmal zum Positiven, denn auch wenn ich meine Problemchen hatte, war es rückblickend doch sehr unterhaltsam und ein kleiner, ein wirklich klitzekleiner Suchtfaktor hat mich immerzu zum Weiterlesen gebracht.
Das Worldbuilding – große Klasse. Marah Woolf hat ein Händchen dafür, ihre Ideen mit Leben zu füllen und eine großartige Fantasywelt zu schaffen, obwohl man noch nicht einmal alles davon weiß und mit großen Augen und zahlreichen Fragen am Rand steht und ein bisschen überfordert ist. Die Grundidee ist grandios. Es gibt zwei unterschiedliche Gruppierungen – einmal die Loge, die die Magier umfasst, und die Kongregation, die aus Hexen und Hexer zusammengesetzt ist und einer Regierung ähnelt. Es gibt verschiedene Arten von Hexen, die im ersten Band nur etwas angerissen werden, allerdings definitiv Lust auf mehr machen. In den Folgebänden geht man tiefer in die Geschichte dieser zwei Gruppierungen ein, erfährt mehr über dessen Bildung und was sie mit den Sagen und Legenden zu tun haben.
Gerade das Miteinbauen von bekannten Sagen rund um Merlin und Artus konnte mich begeistern. Da sie jedoch nicht nur namentlich aufgegriffen werden, sondern einen wesentlichen handelnden Teil zur Geschichte beitragen, hat Marah Woolf der Reihe eine Tiefe bringen können, die bei vielen Reihe oft fehlt.
Leider hat es dann aber am Plot etwas gehapert. Marah Woolf konnte mich in ihrer Angelussaga vor allen Dingen durch die spannende Handlung einnehmen, die immer wieder Plot twist bereithielt und mich mal weinend oder vollkommen baff zurückließ. In der Hexenschwestersaga fehlte es meiner Meinung nach an dem gewissen Etwas, was die Angelussaga rund um Moon zu einer besonderen Geschichte gemacht hat. Der Plot ist spannend, keine Frage. Es finden genauso mitreißende Momente statt, doch betrachtet man das Gesamtbild waren es wenige bis keine überraschende Szenen, die man sich nicht vorher denken konnte. Das hat die Geschichte vorhersehbar gemacht und war einfach nicht das, was ich nach dem spannungsvollen und mitreißenden Abenteuer in der Angelusreihe erwartet hätte. Im Vergleich wirkt die Reihe um die Hexenschwester eher wie eine typische Young Adult Reihe, die zwar unterhaltsam ist, aber nicht darüber hinaus geht. Auch das Ende war … Es war nachvollziehbar und hat die gesponnen Fäden zusammengefügt, aber auch hier hatte ich mehr erwartet – mehr erhofft.
Kommen wir zu den Charakteren. Und die haben es mir wirklich nicht leicht gemacht.
Unsere Hauptprotagonistin Vianne ist ein schwieriger Charakter, der besonders im ersten Band an meinen Nerven gezerrt hat. Ihre Gefühle für Ezra haben einen bitteren Beigeschmack. Oft wirkt es fast so, als wäre sie besessen von ihm. Da sie ihn bereits vor Beginn der Geschichte liebt – und das wirklich auf allumfassende Weise -, war es schwer diese tief gehenden Gefühle nachempfinden oder gar nachvollziehen zu können. Für mich war es zu weit weg und Ezras Auftritte konnten das nicht unbedingt erklärbarer machen. Vianne wird immer und immer wieder von ihm verletzt und doch hält sie sich zwanghaft an ihm fest, verteidigt ihn, obwohl es vollkommen absurd ist. Das Schlimme jedoch ist, dass sie es nicht einmal als solches erkennt, sondern ihn in Schutz nimmt und sinnlose Erklärungen für sein Handeln findet. Und das bloß um ihr Bild von ihm als perfekten Retter wahren zu können.
Das ist toxisch. Sehr sehr toxisch und ich kann nicht verstehen, wieso die Beziehung zwischen den beiden einen solch langanhaltenden Beitrag zu Geschichte leistet. Erst zum Ende hin wird Vianne sich langsam ihrer krankhaften Gefühle bewusst und das noch nicht einmal in dem Umfang, dass sie es als toxisch wahrnimmt. Es wird einfach gesagt, sie hätte in ihm etwas gesehen, das er nicht war, und sie liebte mehr die Vorstellung als die tatsächliche Realität. Dass das ein ernstzunehmendes Problem ist, geht meiner Meinung nach viel zu sehr unter. Besonders, weil es eben erst so spät angedeutet wird. Das Bild, dass sich über den gesamten ersten Band und über den zweiten Band entwickelt, sollte kein junges Mädchen als unermüdliche Liebe interpretieren. Ich will nicht wissen, was das mit einem jungen Mädchen macht, das sich in einen Jungen verliebt, der sich ebenso wie Ezra benimmt. Der ihr in dem einen Moment Hoffnungen macht und sie dann wieder fallen lässt. Das ist keine gesunde Vorstellung, der man nacheifern sollte.
Mit meiner Kritik möchte ich keinesfalls sagen, dass man ein solches Beziehungsgefüge nicht in Jugendbücher einbringen soll. Ganz im Gegenteil: Ich möchte das ein ebensolches Bild aufgeklärt wird. Dass es ganz klar als ungesund und toxisch dargestellt wird und nicht – wie es im Buch getan wurde – ohne jegliche Aufklärung romantisiert wird.
Und es wird wirklich gnadenlos romantisiert. Ich würde euch am liebste ein paar Zitate nennen, allerdings ist es schwer das Problematische in Gänze zu erläutern, ohne zu Spoilern. Deswegen bitte ich euch, falls ihr die Reihe lesen wollt, euch nicht von den scheinbar emotionalen Worten einlullen zu lassen. Seht es als das, was es ist. Selbst wenn es auf dem ersten Blick total romantisch wirkt.
Aber das ist nur ein Teil, der mich wütend macht. Bis zum dritten Band lernt man nicht mehr von Vianne kennen als ihre Gefühle für Ezra. Wirklich alles, was sie auszumachen scheint, ist diese Liebe. Und das ist einfach nur traurig. Vianne ist furchtbar naiv, trifft Entscheidungen und sagt Dinge, bei der sich meine Nackenhaare aufgestellt haben. Ich will sie ungern als beschränkt beschreiben, aber auf eine bestimmte Weise war sie das. Beispielsweise hat sie keine Interesse daran, sich selbst zu verteidigen, sondern suhlt sich in ihrem Selbstmitleid. Sie sagt selbst, dass andere ja da sind, um sie zu beschützen. Was soll das?
Als eigenständige Frau sollte man einen natürlichen Drang dazu haben, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und nicht auf andere angewiesen zu sein. Aber Vianne sprengt da wirklich all meine Vorstellungen – auf schlechte Art. Und dann stürzt sie sich in Situationen, von denen man schon im Vorhinein weiß, dass sie schlecht ausgehen werden. Sie ist und bleibt naiv und das hat sie mir so extrem unsympathisch gemacht. Wir müssen keinesfalls immer starke und toughe Protagonistinnen in Fantasybüchern haben, aber wenigstens vom Geist her sollten sie stark sein. Einfach weil man in der Gesellschaft schon genug dagegen ankämpfen muss und als junges Mädchen solch ein Bild dann auch noch in Jugendbüchern aufgezeigt zu bekommen… das macht mich wütend. Denn eine Frau zeichnet sich nicht nur durch Liebe aus. Und sie muss sich auch nicht damit abfinden, auf andere angewiesen zu sein, sondern kann eigenständig sein.
Zum Glück – und dieses Glück muss ich wirklich großschreiben – hat sich das Blatt im zweiten Band gewendet. Mit dem Auftreten von Aarvand fiel es mir wesentlich leichter, an der Geschichte dranzubleiben und über die Naivität von Vianne hinwegzusehen. Wer mich auf Goodreads verfolgt, hat mit Sicherheit gelesen, wie viel Mühe ich aufwänden musste, um über Vianne und Ezra hinwegsehen zu können… Dass es mal wieder ein männlicher Charakter war, der Vianne gezeigt hat, dass sie eine junge starke Frau ist, bleibt jetzt mal am besten nebensächlich. Wie sich Vianne danach entwickelt, hat mir dann doch schon etwas mehr zugesagt. Sie findet langsam vertrauen in sich, wird sich ihrer Gefühle bewusst und lässt sich nicht mehr unterkriegen. Mir sympathisch geworden ist sie jedoch immer noch nicht, aber ich bin an den Punkt angelangt, an dem mir ihr Schicksal nicht mehr vollkommen gleichgültig war – besonders was Aarvand angeht… Zum Ende hin musste ich sogar einige Tränen vergießen. Ich weiß wirklich nicht, weshalb…
Fazit
Im Grunde war es eine Reihe, die mich unterhalten konnte, mich dermaßen zur Weißglut gebracht hat und mich im Verlauf dann doch etwas eingenommen hatte. Eine Empfehlung spreche ich nicht unbedingt aus, vielmehr will ich euch fragen: Wollt ihr euch das wirklich antun? Wenn ja, viel Spaß und ich hoffe, ihr habt genauso Aggressionen wie ich hehe… Und gibt die Hoffnung nach dem ersten Band nicht auf. Oder doch?
Sternebewertung